Das konsequente Ende des SATT-SEINS…

aber die Hungrigen scharren in den START-Löchern…

„Ich habe zu lange am Erfolg 2008, 2010 und 2012 festgehalten“, seufzte der gutmütige Bernhardiner Vicente del Bosque gestern Abend in der Kabine der Spanier seinem Co-Trainer zu. Eigentlich sah er dabei aus wie immer.

Auch in dem letzten Jahrzehnt vorher. Zu perfekt lief die „blinde Kommunikation“, der „unendliche Kreisel der Erfolge“, der „Nimbus der Unbesiegbarkeit“.

Die gesamte Mannschaft und ganz Spanien hatten diesen Weg automatisiert.

Ein Gross-ARTiger!

Dazu brauchte es drei wichtige Faktoren:

1. Die Ein-Stellung

Die Einstellung zu „mir selbst“ und zum Partner/Gegner und zu meiner Interaktion.

Hatten die Spieler wirklich diese notwendige Ein-Stellung? Wollten sie wirklich gewinnen? Wollten sie sich wirklich quälen?

2. Die Präsenz

Wie kamen die Spieler auf das Feld? Wie sprachen die Spieler miteinander? Wie nahmen sie sich selbst wahr und vor allem wie die Gegner und das Publikum? Welche Kraftreserven brachten sie wirklich ein? Wo waren sie nach einer langen Saison mit ihren Gedanken eigentlich?

3. Die Kommunikation

Fand eine proaktive Kommunikation aller Leistungsträger wirklich statt? Konnte der erfahrene Trainer bei seiner Mannschaft noch einmal nach 2008, 2010 und 2012 das innere Feuer entfachen? Haben sich die Xabis, Iniestas, Xavis wirklich abgesprochen oder „gingen Sie einfach davon aus“, das würde schon klappen – halt wie immer…?

Der Weltmeister hatte sich das ganz anders gedacht. Gegen die Niederländer wollte man sich in ein Unentschieden retten, die Chilenen hat man ja immer schon geschlagen und der Rest wird schon „fließen“… Halbfinale – kein Problem…

Kennen wir solche Situationen nicht auch, wenn wir in Gespräche, Meetings, Präsentationen, Konferenzen und Vorträge gehen, die ja eigentlich immer perfekt liefen in den letzten Jahren? Und dann auf einmal kommt das „Bessere“, das „Andere“… das Schnellere…?

Die Holländer haben völlig unbekannte junge Spieler von Feyenoord und Ajax in die Mannschaft um van Persie, Sneijder und Robben gebaut. Van Gaal hat gezeigt, wie er den „Moment des Wechsels“ der Generationen beherrscht.

Gegen den erbitterten Widerstand seiner Landsleute übrigens. Er wird Manchester in die neue Fußball-Welt führen. Entdeckte u.a. die urwüchsige andere Kraft des jungen Thomas Müller.

Die Chilenen sind seit eher stark, aber in diesem WM-Jahr besonders:

„Wir haben den unbändigen Willen zu siegen“, raunte ausgehungert Alix Sanchez ins Mikrofon. Und noch so viele Rechnungen offen.

Sie adaptierten den Stil von Atlético Madrid perfekt, das ja Real Madrid am Rande einer Niederlage im CL Finale hatte.

So spielt man gegen einen Weltmeister, der im Kern gar nicht wusste, was er eigentlich gewinnen sollte. Oder?

Die Spieler sprachen kaum miteinander, sie hatten ja das Sprechen verlernt; die Spieler erkannten die Gegner nicht mehr, die sich alle stetig weiterentwickelt haben. Warum auch? Irgendwie haben wir es ja immer geschafft… Und die Spieler nahmen sich teilweise selbst nicht mehr wahr, denn 34-jährige „satte Dauersieger“ bewegen sich irgendwann halt anders als „hungrige junge Hochlandartisten“.

Die ganze „Ohn-MACHT „einer minimierten Ein-Stellung und Präsenz“ präsentierte gestern Abend der ehemalige Welttorhüter Iker Casillas stellvertretend für die gesamte Mannschaft: „Der Blick in die energetische & kommunikative Leere“ während des Spiels.

Der größte Klebstoff erfolgsverwöhnter Menschen und Spieler ist eine „Sieger-Gewohnheit!“

Wer jetzt glaubt, dass der spanische Fußball, der uns 10 Jahre hat staunen lassen, vorbei ist, irrt gewaltig. Erfolge brauchen Nieder-Lagen. Manchmal extreme, aber dann kommen die Thiagos, Kokes, und Iscos und Spanien wird stärker als vorher.

Mit einem David de Gea (22) für Iker, den scheinbar unbesiegbaren Helden einer ganzen Generation.

Ich verneige mich vor der spanischen Spiel-Kultur. Und vor ihrem feinen Señor del Bosque, der tragisch-anrührend gestern Abend als Mittelding des großen Jean Gabin und Pfarrer Sommerauer bedeutungsschwer nuschelte: “Wir müssen darüber nachdenken, was das Beste ist für den spanischen Fußball!“