Liebe Geschäftspartner und Freunde des gepflegten Kurz-Passspiels,

wie angekündigt der erste neue BLOG.

Er wird immer zu wichtigen aktuellen Anlässen aus kommunikations-relevanter Sicht erscheinen.

Schnell, persönlich, kompetent auf den Punkt – Big Picture – immer.

Pragmatische Reflexion und anwendbare „lessons learned“.

Der erste Blog nun zum Tode von Altkanzler Helmut Kohl.

Wir freuen uns auf Ihr Feedback.

Beste Grüße und eine gute Woche

Ihr Christoph Schwab und DSM-Team 2017

 

 

Unprätentiös, empathisch, pragmatisch,

beharrlich & durchsetzungsstark = nachhaltig

Das Kommunikationssystem Helmut Kohl kannte nur eine Richtung:

Das vereinte starke friedliche Europa.

 

 

Am 10. November 1989 hatte ich Frühschicht bei Deutschlands zweitgrößtem privaten Rundfunk.

News. Halbstündlich. Ab 5:00.

Um 0:22 morgens tickerte es weltweit über die Agenturen:

Die innerdeutsche Grenze zur DDR wird in Ostberlin geöffnet.

Ungläubigkeit & Fassungslosigkeit machten sich in der Redaktion breit:

Wir konnten es alle nicht glauben, was da passierte.

Um 9 Uhr brachen bei uns alle Dämme.

Normalerweise jagten wir „state of the private art

die News in max. 2:00 Minuten in den Äther:

Ich entschied eigenmächtig, die Nachrichten auf insgesamt zehn Minuten zu ziehen

und die unvorstellbaren Ereignisse irgendwie zusammen zu kriegen.

Immer wieder von Emotionen geschüttelt:

Gänsehautfeeling und ständig mit Freudentränen ringend.

Der Rest ist bekannt.

Wie schaffte „Helle“ – wie ihn Freunde nannten – Helmut Kohl diese Bewegung

erst in dem geteilten Deutschland und dann in Europa?

Grundvoraussetzung waren seine Kriegserlebnisse und sein Credo:

 

„Nie wieder Krieg“ in Deutschland und Europa.

 

Helles“ motivationales Standbein waren Machtbewussheit, Empathie, Führungsanspruch.

Dazu sein Spielbein Pragmatismus, Beharrlichkeit und Umsatzstärke.

Der beste Vertriebschef eines Produktes, den man sich vorstellen konnte:

 

Das Produkt „geeintes Europa“:

Ein schier unmögliches Unterfangen war seine Lebensaufgabe.

 

Wie er dabei die Alliierten anging und hochempathisch von der deutschen Einheit überzeugte,

wird in der Geschichte EINZIGARTIG bleiben.

Wie er die Eiserne Lady Maggie Thatcher „becircte & isolierte“,

wie er Mitterand „Hand in Hand“ in Verdun aufschloss und sich der großen Idee hingab,

wie er den amerikanischen Präsidenten George H.W. Bush sen. auf seine Seite zog

und den Nato Doppelbeschluss gegen 300 000 Demonstranten in der Bundesrepublik

im Sinne der Vereinigten Staaten durchzog und dadurch eine „Win-win-Situation“ schuf,

war immer seinem hochemotionalen Grundinstinkt für Beziehungsgeflechte

und deren Folgen geschuldet.

Als er dann noch im Kaukasus in der Natur dem russischen Präsidenten

Michail Sergejewitsch Gorbatschow 1990 ein „Ja“ zu Gesamtdeutschland abrang,

komplettierte das einen Soft Skill-Merger der besonderen Art:

Aus einem einzigen Motiv vier unterschiedlichste soziale, psychologische, kommunikative Kulturen

gegenüber hegemonialen Bedenken

zu denken, zu gestalten und tatsächlich mit seinem Team durchzusetzen,

ist die ureigene Lebensleistung von „Helle“ und wird fortan mehr denn je den „Führern der Welt“

und den CEOs der großen Unternehmen als Spiegel vorgehalten werden:

Wenn es um die wahren Interessen einer großen Aufgabe geht.

Fernab jeder Ich-Zentrierung und des Narzissmus von Eigeninteressen.

US-Präsident Bill Clinton sagte 2011 über „Helle“  bei der Verleihung des

Henry-Kissinger-Preises in Berlin: 

 

„Manchmal sitze ich da und liste auf, was ich außenpolitisch alles getan habe.

Und ich stelle nun, an der Schwelle zum Alter fest, durchaus stolz, dass ich in allem,

was ich tat, nur Helmut Kohl folgen musste. Ich wusste, er hatte die Vision,

er hatte die Befähigung, die Überzeugung. Mit ihm begann das 21. Jahrhundert.“

 

Helmut Kohl ist für mich der erste wirkliche politische Moment Manager gewesen.

Mit extrem hohem Risiko und Mut ausgestattet,

gepaart mit einem untrüglichen Instinkt für die europäische Sache,

war er sprichwörtlich im Momentum der Zeit mehrfach an der entscheidenden Stelle:

 

Und ENTSCHIED.

 

Dass er dabei öfter Regeln brach, wird geschichtlich unerheblich bleiben.

Dass er Michail Gorbatschow erst unterschätzte, ebenso:

Du kriegst immer eine zweite Chance, war auch hier sein Motto

und die nutzte er dann legendär im Kaukasus.

Dass er dann in der Win-win-Situation Deutschlands liebstes Kind, die DM, opferte für den

bis heute ungeliebten Euro, wird historisch als Versöhnungsgeste eingehen.

Volkswirtschaftlich natürlich nicht: Zu unausgegoren waren die

finanzpolitischen Schnellschüsse seines Generals Theo Waigel.

Anyway.

Dass er auch anstrengend, jähzornig, misstrauisch und auch nachtragend sein konnte,

machte ihn in jeder Phase für die Welt und den „gemeinen deutschen Bürger

menschlich und berechenbar.

Helmut Kohl stand für drei Leitsätze seines Lebens:

 

„Die Pfalz ist meine Heimat“

„Deutschland ist mein Vaterland“

„Europa ist meine Zukunft“

 

Helmut Kohl nahm der Welt eine nach dem 2. Weltkrieg innewohnende Angst

vor einem „überstarken Deutschland“.

Die grundsätzliche Aussöhnung mit Israel war für ihn genauso wichtig.

Die Juden danken es in besonderem Maße.

Kurios, aber folgerichtig dabei:

Die endgültigen Bedenken gegen dieses Deutschland wurden dabei 2006

wie ein „Gordischer Knoten“ gelöst bei der Fußball-WM im eigenen Land:

Die junge Multikulti-Truppe von Klinsi (mit farbigen Akteuren) deckelte positiv

„Helles“ offenes freies Europa,

in dem Deutschland als empathischer Gastgeber auch die härtesten Kritiker weltweit überzeugte.

Viele internationale Bedenkenträger wurden hier endgültig „Fans“ eines weltoffenen Deutschlands.

Dass er dabei privat letztlich scheiterte und zum Schluss neun Jahre schwer krank war,

ist schon fast folgerichtig, da er sein Leben grundsätzlich der

europäischen großen Sache verschrieben hatte.

Helmut Kohl war nicht besonders intellektuell,

radebrechte sich im besten Pfälzer-Deutsch durch die Welt

und ließ die wissenschaftlichen Brains dieser Erde staunen.

Sie unterschätzten diesen „Schwarzen Riesen“ aus Ludwigshafen grundsätzlich immer.

Obwohl historisch ein wandelndes Lexikon.

Dass sich dann Deutschlands großer Philosoph Jürgen Habermas

quasi nach dem Vollzug der Deutschen Einheit bei ihm entschuldigte,

rückte ihn dann dahin, wohin er gehörte.

Dass ihn sein Ehrenwort in der Spendenaffäre, die Spender nicht zu nennen,

das Ehrenamt in der CDU kostete und von „allen Seiten“ Häme kübelte,

macht ihn für mich nur noch größer:

 

„Ein Staatsmann – ein Ehrenwort. Das ist wahre Größe.“

 

Er trotzte immer den „Medienhyänen“. Gab dem „Spiegel“ nicht ein einziges Interview

und hielt deren Verleumdungen & Verunglimpfungen 16 Jahre lang und länger aus.

Sie wollten ihn ja – nach eigenen Aussagen – „zur Strecke bringen“.

Das macht ihn angesichts des heutigen Medienhypes für mich nur noch größer.

Im Nachkriegsdeutschland bis heute stehen zwei überragende Politiker in Tatkraft, Authentizität,

Hingabe und Demut für Deutschland und Europa

historisch unverbrüchlich „Schulter an Schulter“ in einer Niveaulinie:

 

Helmut Kohl & Helmut Schmidt.

So unterschiedlich auch beide waren.

 

Beide sendeten und lebten das wichtigste,

was ein Mensch, ein Führer senden kann: VERTRAUEN.

Als Mitarbeiter Helmut Kohls einmal im Weißen Haus in Washington

einen Zehnpunkteplan zur Wiedervereinigung ansprachen,

fragte  Präsident Bush sen. in die Runde:

„Kennen wir den Plan?“ –  „Nein“, hieß es darauf.

Der Plan lag zwar vor, ihn hatte aber noch keiner zur Kenntnis genommen.

Bush antwortete spontan:

Sagen Sie einfach, wir vertrauen dem Bundeskanzler!“

 

Gerade in diesen Tagen können sich die verschiedensten Mainstream-Politiker wie

Wirtschaftskapitäne auf dem internationalen Parkett

eine riesengroße Scheibe in deren Vorbildfunktion abschneiden.

Für viele werden Empathie, echtes Teamdenken & Handeln, Feedbackmanagement, Nachhaltigkeit,

Verbindlichkeit, Durchsetzungsstärke, Mut & Entscheidungsfähigkeit, Demut und Hingabe

auch nur ansatzweise unerreicht bleiben.

Die Kämpfer- und Nehmerqualitäten haben Helmut Kohl & Helmut Schmidt beide bis zum Tod

beeindruckend handelnd unter Beweis gestellt.

„Erst ignorieren Sie Dich!

Dann lachen Sie über Dich!

Dann bekämpfen Sie Dich!

Und dann gewinnst Du!“

Mahatma Ghandi

Liebe Geschäftspartner & Freunde des gepflegten Kurzpassspiels,

uns erreichten etliche Anfragen,  wo denn der jährliche Bundessligarückblick bleiben würde.

Dafür lieben und herzlichen Dank.

Auf die „Dynamik der Veränderungen“ in komplexen digitalen Welten haben wir reagiert.

Wir werden ab sofort „nur“ noch pointierte, „deutliche“ kurze Reflexionen versenden an die

Fußball-Ver-rückten“:

siehe die Ereigniskommunikation im Fall Borussia-Dortmund

Der Kindergarten am Borsigplatz

oder nach dem CL-Finale über die

„Charakterloseste internationale Mannschaft: „Wanted““.

Kurz, knapp, auf den Punkt. In 60 Sekunden.

( Dafür haben wir ein Adressatenprofil aufgestellt, wenn Sie hier registriert werden möchten, bitte umgehend melden)

Dafür werden wir den BLOG zum Thema Kommunikation intensivieren und uns mindestens einmal im Monat die Zeit nehmen, substantielle kurze & knappe Ausführungen zu machen.

Ab heute im Blog:

„ Die PowerPoint-Folie ist tot. Es lebe die PowerPoint-Folie!“

Gerade veröffentlicht in der DW |Die Wohnungswirtschaft 6/2017.

Seite 1  Seite 2

Weiterhin möchten wir darauf hinweisen, dass alle Rundfunkbeiträge zum Weltgeschehen – u.a. Trump/Brexit/NRW-Wahl und Macron – in unserer Mediathek zu hören sind.

Auch hier: Kurz, knapp und fundiert auf den Punkt.

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Beste Grüße aus Köln

Die Allgegenwärtigkeit der Meinungen gefährdet die Demokratie

 

„Da rauscht das Adrenalin“ Toni Innauer über Skispringen als virtuose Kunstform, mentales Mitfliegen, seine Definition von Mut und Angst – und sein neues Leben ohne Sprung über die Kante. (FAZ am Sontag, 1.1.2017)

„Ich war ein Straßenkämpfer“  Sternekoch Tim Raue über Fußball als Fluchthilfe vor seinem gewalttätigen Vater, Momente des Verlierens, und über Kampfsport, der ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist. ( FAZ am Sonntag, 1.1.2017 zwei Seiten weiter)

„Nummer 1 der Charts zu sein, macht mich nicht mehr glücklich“ Will Smith hat als Hollywood-Star schon viel Geld verdient. Inzwischen aber gilt sein Ehrgeiz anderen Dingen, sagt er! Ein Gespräch über seinen persönlichen Mount Everest, die Flüchtigkeit des Seins, den Buddhismus, Liebeskummer, Ehe – und den Oscar. ( FAZ am Sonntag, 1.1.2017 drei Seiten vorher)

 

Überall das gleiche Bild, Home-Stories, Selfies, Personality-Stories in den Print- Medien. Oberflächliche Stories als Hautnah-Erlebnisse verkauft. Die seriösen Medien stehen der Regenbogenpresse mittlerweile in nichts nach.

Personality-Shows, Talkshows in den TV-Sendungen endlos. Glitzer- und Glamourgeschichten ohne Ende auf allen Kanälen. Explosiv, Exklusiv. Inklusiv all. Rundumversorgung.

Die sozialen Netzwerke implodieren. Explodieren. Exekutieren in Sekunden andere Meinungen.

Sie haben seinerzeit den türkischen Präsidenten Erdogan gewarnt bei dem bis heute nicht geklärten Umsturzversuch und ihn aus einem Hotel flüchten lassen. Der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten twittert gerne und viel.

14 Millionen Follower wähnt er sein Eigen. Und er ist stolz darauf. Aus seinem goldenen Bett im Trump Tower in New York verschickt er seine Meinungen in alle Welt. Umarmt Putin, verstört Chinesen,  bewegt die Börse. Alle springen auf und ab und wieder zu. Baut mauern und wieder ab. Oder erst gar nicht auf.

Facebook bestimmt heute das Leben von Milliarden von Menschen. Sie hängen wie Kokain am Handy tagaus tagein. Brauchen nur noch sich selbst und das imaginäre globale Dorf, das kein wirkliches Feedback kennt.

Sie sonnen sich alle am Selfie-Stick des Narzissmus. Die Ich-Gesellschaft hat längst alle Grenzen und sich selbst verloren. Hauptsache mein imaginäres Ich, meine Selbstverliebtheit kann ich senden in alle Welt.

 

Noch vor 15 Jahren verliefen Ereignisse bei den Medien so:

Ereignis/Unfall/Impuls/Geschehen:

Danach Recherche/Untersuchung/Analyse:

Danach Einordnung/Vergleich/Historie

Danach Reaktion/Ermittlung/Betroffene/Fachexperten

Danach Ableitungen/Forderungen/Staat/Behörden/Programme/Ergebnisse!

Nach einem Ereignis wurden alle Punkte gesammelt, die wichtig waren. Dazu wurden Experten befragt und verglichen auf dem Boden einer möglichst neutralen Berichterstattung und dann Ableitungen und Forderungen gestellt.

Das Ganze dauerte je nach Ereignis zwischen 2 und 5 Tagen. Seriöse Chefredakteure pochten immer auf Wahrheits- und Wirklichkeits-Gehalt.

Innerhalb von 18 Jahren hat sich der gesamte Informationsaufberereitungs-Kreislauf komplett verändert.

 

Google (Gründung 1998), Facebook (Veröffentlichung 2004), Twitter (Erscheinungsjahr 2006), das Smartphone (Einführung des iPhones 2007), WhatsApp (Erscheinungsjahr 2009), Snapchat (Erscheinungsjahr 2011), etc.

 

Vor 15 Jahren fußte das Ganze auf einer Wertestruktur, einem Wirklichkeitsgehalt, einem Wahrheitsgehalt, den es einzuhalten galt – heute gibt es keine Wirklichkeit mehr, die dies postuliert ,sondern heute gibt es nur noch Meinungen, die nach einem Ereignis wie mit einer Pumpgun  uns um die Ohren geschossen werden.

Über Facebook kann ein Mensch schnell 25 000 Follower zu einer Gartenparty animieren, die verwüstete Vorgärten hinterlassen, über WhatsApp  können Aufständische aufständischer gemacht, Menschen aufgestachelt oder zurückgedrängt, Diktatoren laufen gelassen, Massenhysterien ausgelöst werden.

Twittern tun besonders heute angehende US-Präsidenten, Stars & Sternchen und machen Meinungen so meinungsstark, dass Wahrheit & Wirklichkeit keine Rolle (mehr) spielen.

Dazu kommt der Druck am Arbeitsplatz, der Märkte, des Wettbewerbs und der absoluten Schnelligkeit von Infoflüssen im globalen Dorf.

Dann der soziale Stammtisch, die 364-Tage-Event-Gesellschaft, die täglich sendet und brüllt, bis dass es der letzte Dorfbewohner auf dem blauen Planeten mitkriegt. Modernes „Panem & Circenses“ auf allen Kanälen & menschlichen Nervensträngen.

Das Nervensystem wird zur zweiten Außenhaut. The Mediums is the Massage. Wusste schon Medienpapst Marshall McLuhan vor fast 50 Jahren.  Von Wirklichkeit und Wahrheit und deren Wertestrukturen keine Spur mehr:

Menschen halten das nicht mehr aus, werden depressiv, greifen zur Flasche oder lassen ihr Leben: Jedes Jahr bringen sich 10.000 Menschen um in diesem Land, davon werfen sich 3000 vor den Zug.

 

Und die Politiker?

Sie verwalten eine  Spezies von Werten und Wirklichkeiten, die längst gestorben sind. Um nicht die Wähler zu verlieren, appellieren sie an ihre Gefühle. Darunter leidet die Klarheit der Tatsachen. Tatsachen und Meinungen verschwimmen nebulös.

Der bekannte Blogger Sascha Lobo kommt zu dem viel beachteten Schluss: Die Wahrheit ist auch nur eine Meinung.

Wir alle jedoch in der sog. freien demokratischen Gesellschaft sind abhängig von der strikten Trennung von Wahrheit (Wirklichkeit) und Meinungen. Bestimmt doch ersteres unser Wertsystem und sichert so den eigentlichen (friedlichen) Zusammenhalt der weltlichen Gesellschaft.

Die sog. postfaktische Welt jedoch hebt diese Trennung auf. Die klugen Studenten der University of California, Berkeley spotteten bereits Anfang der 60er Jahre gegen ihre Professoren: “If your theory doesn‘t fit the facts, too bad for the facts.“

Die Wähler heute wählen also zwischen Meinungen und nicht zwischen Wirklichkeiten und Wahrheiten. Das ist einmalig in der Geschichte des Homo sapiens. Sie gehen von erdachten und gewünschten Wirklichkeiten aus, nicht aber von der realen Wirklichkeit an sich.

Sie verlassen sich letztlich auf eine volatile emotionale Gemengelage. Höchst gefährlich: Denn ob Herr Seehofer für die Geschlossenheit der Grenzen wirbt, Angela Merkel für ein „Wir schaffen das“ und die AfD für die emotionalen Kanonenkugeln sorgt, es sind und bleiben ausschließlich Meinungen, aber keine begründeten und tiefer angelegten Wirklichkeits-Normen.

Das postfaktische Denken zieht der Realität komplett den Boden unter den ohnehin schlüpfrigen Schuhen weg. Die Journalisten jedweder Couleur tun ihr übriges und befeuern die Meinungswelten lautstark tagaus tagein.

Laptops rebellieren, Netzwerke kollabieren, Smartphones beginnen zu brennen.

Menschen laufen Amok, wissen weder ein noch aus.

Politische Institutionen werden nicht mehr wahrgenommen, die Wirklichkeit lebt in Phantasien, wir haben es mit multikulturellen Meta-Ebenen zu tun, die sich nicht verstehen und auch nicht verstehen werden. Wie auch?

Alle sind in Not und sehen ihre Besitzstände bedroht. Die Welt resp. die uns nahe liegende Europäische Union benötigt dringend eine materielle wie geistige Werte- und soziale Erneuerung.

Sie muss sich lösen aus den Klammern  des postfaktischen politischen Denkens und der sie bestimmenden Kommunikation.

Doch wie soll das bloß geschehen?

Noch nie war die Wirklichkeit so komplex, so schwierig, so kompliziert in der globalen Verdichtung von Millionen von Impulsen und Meinungen, die uns täglich bestürmen, umgeben  und verletzten.

 

Alles war schon mal da. Sicher:

Aber die Gewalten aus Aktion und Reaktion in der verdichteten Welt bestehen aus Informationen, Meinungen, Nachrichten, Bewertungen, Einschätzungen, Erlebnissen,  Risiken, Gefahren, Kontroversen, Konflikten, die alles vermitteln – bloß keine Kontinuität an Werten, Wirklichkeiten und Wissens-Normen.

Die Regierenden sind komplett „out of order“ und wirken wie Rufer einer verdurstenden Welt. Die de Maizières, Gabriels und Steinmeiers wirken dabei wie ausgestopfte Marionetten aus dem letzten Jahrhundert.

Die Neujahrsansprache der Kanzlerin mutete an, als wenn sie als fleißiger Alien auf dem Mars leben und senden würde.

Jeden Tag schlagen wir uns mit einem Tsunami an Meinungen herum, ohne jedoch wirklich wirklich zu sein. Jugendliche, Kinder leiden besonders darunter, ohne wirkliche Werte und Führung durch ihr beginnendes Leben zu gehen.

Hatte die Kölner Polizei zum Jahreswechsel 2016 auf der Domplatte völlig versagt und wurde zu Recht gescholten ob ihrer Fahrlässigkeit und Anamnese der Situation der nordafrikanischen jungen Männer, wurde in 2017 nunmehr alles erneuert und  anders gemacht. Die Polizei hatte dabei unter Polizei- Chef Jürgen Mathies die Situation immer im Griff.

Als bekannt wurde, dass die Polizei als Kurzcode nun die Massen als „Nafris“ bezeichnete, eskalierte die elementare „grüne“ politische Meinung erneut. Nun  hätten angeblich Polizisten eine „racial discrimination“-Situation heraufbeschworen.

Die Vorsitzende der Grünen, Simone  Peter, bezeichnete das Vorgehen der Polizei als „unerträglich und unangemessen und nicht verhältnismäßig“.

Hätten wir in diesem Land wirkliche Wirklichkeits- und Werte-Nomenklaturen, wäre dies nie aufgekommen.

Die Welt hebt sich aus den Angeln, der Meinungsschwarm bestimmt tagtäglich das Verhalten aller. Eine wirkliche Wertekultur, eine ethische Grundstruktur, die uns die Väter als ein humanistisches Grund-Manifest mitgegeben und vorgelebt haben,  ist leider abhandengekommen.

Das ist, wie es ist. Aber es ist deshalb hoch gefährlich, weil eine demokratische Grundstruktur nur dann Bestand hat, wenn man freiwillig ein Wertekonzept  anerkennt, das für das Gemeinwohl der Menschen unerlässlich ist.

Die Freiheit ist eine Errungenschaft aus der Entwicklungskette der Demokratie. Die steht nicht nur auf dem Prüfstand, sie ist massiv in Gefahr durch die ungestüme Nutzung der täglichen Kalaschnikows der Meinungen.

Ein nachprüfbares Regelwerk aus Ereignis-Impuls-Recherche-Einordnung-Reaktion-Ermittlung-Forderung-Appell und Ergebnis, also sauberes Worthandwerk ist nicht mehr gefragt: Ein verbindlicher Handlungs-Codex moralisch-ethisch-organisch zerfallen.

Wer handelt wirklich noch so, dass seine Handlungen auf die Allgemeinheit übertragen werden können? Und wenn ja:

Was geben wir davon wirklich unseren Kindern mit? Mit wem tauschen wir uns aus, um etwas zu bewahren, was wir uns in den letzten 60 Jahren hart erkämpft haben: Das demokratische Verständnis. Nur mit Demut, also mit „freiwilliger Selbstverpflichtung“, können wir die Folgen sprich: Freiheit verteidigen.

Heute wurde die Vorsitzende der Grünen,  Simone Peter, von BILD  zerrissen und als „Dumm, dümmer, GRÜFRI“ bezeichnet, als „grün-fundamentalistischrealitätsfremde Intensivschwätzerin“.

 

Na denn. Die Meinungs-Melange hat die Wirklichkeit verdrängt und die Wertestruktur zerstört.

Ist es 5 vor oder 5 nach 12?

Entscheiden Sie selbst.

Sexismus- Skandal, verlorenen Tv-Duelle, Rassismus-Vorwürfe- nichts konnte Donald Trup stoppen.

War es gerade seine Direktheit , die die Menschen angesprochen hat? Und wird das auch in Europa künftig der politische Ton? Der Kommunikationsexperte gibt  Antworten.

 

 

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Senden, Senden, Senden – warum versteht keiner mehr, wie Kommunikation wirklich funktioniert?

 

Da hatte man sich so richtig verschätzt in der Gemengelage komplexer (Um)welten. Landauf-landab. Da tobte ein schmutziger Ego-Wahlkampf wie noch nie erlebt. Zwischen Sexanschuldigungen, Email-Verdächtigungen, FBI-Einflussnahme, haltlosen Behauptungen, Verdächtigungen, Angriffen ohne Beleg und ständigen Wiederholungen: Kleinteilig, ausgefasert, ohne Inhalte, ein Personality Fight in Worthülsen & Wischiwaschi.

 

Was hat mich das vier Nächte gekostet, um für die Rundfunkgemeinde zu berichten, zumal ich zwei Jahre in den USA verbracht habe.

Kopfschütteln vor allem über das NICHT-Verstehen(-Wollen) in Westeuropas Politikerzimmern und in den Medien-Tischlereien vor allem in Deutschland.

 

Was wurde nicht alles verbreitet?

  • August 2015: Tagesthemen Moderator Thomas Roth: „Dieser Herr mit Namen Donald Trump, Immobilienmilliardär und rücksichtsloser Superkapitalist“ werde es „am Ende nicht schaffen, zum Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei ernannt zu werden.“
  • Der Schweizer Tagesanzeiger 2016: „Trump wird niemals Präsident, er hat nicht mal Außenseiterchancen.“
  • Die Zeit 2016: „Trump wird es nicht.“
  • Oktober 2016: Caren Miosga in den Tagethemen: „Trumps Strategie ist schamlos und verächtlich, es sieht aber nicht danach aus, als wenn dieser Größenwahnsinnige je die Geschicke eines der mächtigsten Länder der Welt leiten würde.“
  • Die TAZ sprach von „Horrorclown“, und „unfähige[m] Idioten
  • Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kübelte Dreck über „The dirty man“ und der Bundespräsidentschaftskandidat Frank-Walter Steinmeier betitelte Trump vor der Wahl als „Hassprediger“.

 

Es kam der legendäre Morgen am 9.11. Es erinnerte mich an den Moment der Grenzöffnung am 17. November 1990 zwischen der DDR und Bundesrepublik Deutschland. Damals hatte ich Frühschicht beim Rundfunk. Gänsehaut & Herzklopfen!

 

Um 2:50 erklärte Hillary Clinton: „This team has so much to be proud of. Whatever happens tonight, thank you for everything.“

Sie hatte verstanden, dass sie verloren hatte gegen Donald Trump.

Um 8:35 wollte bei den öffentlich-rechtlichen Sendern immer noch keiner wahrhaben, dass Donald Trump längst gewonnen hatte. Es berichteten u.a. Bettina Schausten (ZDF), die Moderatorin, die beim Wulff-Sturz gesagt hatte, sie würde 150 Euro für eine Übernachtung bei Freunden zahlen, ein Sportreporter und ein Frühstücksmoderator mit großer Glocke. Das wirkte alles wenig professionell.

 

Was war da eigentlich passiert?

Grundsätzlich versteht Europa nicht die USA. Und umgekehrt. Frau Merkel legt sich mit Obama ins Bett, weil er soft ist und alle Regeln der Annäherung versteht. Und weil es Tradition ist. Was er für riesige Fehler gemacht hat, um das Trump-Phänomen überhaupt zuzulassen, davon redet keiner. Kein Politiker, kein Journalist, kein Experte hatte Donald Trump wirklich auf dem Zettel.

 

Den ersten Grund haben wir bereits genannt. Deutschland und die USA sind Lichtjahre entfernt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir bis heute starken Nachholbedarf. Nichts ist richtig aufgearbeitet worden nach der Weimarer Republik. Und die Kommunikation extrem einseitig und fast konisch geregelt:

„Weil, so schließt er messerscharf, // nicht sein kann, was nicht sein darf“ folgerte schon Christian Morgenstern und legte damit die Spielregeln fest.

 

Deutsche Politiker und Journalisten haben eins gemeinsam:

Sie legen die Welt in „thinking bonds“ an. Bestimmen, was recht oder nicht recht ist. Wünschen sich Dinge solange,  bis es eintrifft oder eben nicht. Wie bei der Trump-Wahl.

 

Wünschen und verfestigte Meinungen schlagen dabei immer die Wirklichkeit. Ein Horror-Szenario und Armutszeugnis für die entscheidenden Wahrnehmer in diesem Land.

 

Was sind die Gründe?

  • Wir öffnen uns nur schwer anderen Meinungen?
  • Wir wünschen uns in den Komfortlinien etwas, was es nicht gibt: Berechenbare Sicherheit. Ein Kunstwort aus dem 20. Jahrhundert.
  • Wir sprechen schlechterdings vom Konjunktiv vom „wir könnten mal“, „lass uns schauen“, „es könnte ja sein“, „gucken wir mal, es könnte/sollte/müsste würde“, „ich gehe davon aus“ und extremere Behauptungen.
  • Die deutsche kommunikative Welt ist zum größten Teil von Besitzstandsdenken, Neid, Missgunst und Regularien getrieben. Daher lässt man eigentlich auch schwerlich Innovationen, Mut, Fortschritt und übergeordnetes Denken und Handeln zu. Das ist in den USA komplett anders. Da streitet man verrückt und sieht Chancen. Auch jetzt. Hier sieht man Negationen & Niederlagen; leidet sich gern in den Abgrund.

 

Es gab genau fünf Gründe für die Trump-Wahl:

  • Einfache Sprache, Aktivierung von Nichtwählern (in den USA ist die Wahlbeteiligung bei unter 50 %, Donald Trump schaffte 6% mehr an die Urnen zu bringen) durch ein Füllhorn von Twitter/Facebook/FBI-Akteuren. Chapeau. Trump hat 13 Millionen Follower auf Twitter.
  • Durchhaltung einer  überzeugenden grundsätzlichen Haltung.
  • Komplette Authentizität und Power bis zur letzten Konsequenz im Finale. „In einem wahrhaft schönen Kunstwerk soll der Inhalt nichts, die Form aber alles tun“, schrieb kongenial Friedrich Schiller in seinen 27 Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ 1793. Das wendete Donald Trump mit Kommunikation 4.0 an.
  • Und Schiller folgerte weiter: „…ist die Form nichts, aber der Inhalt alles“ Und Donald Trump wendet sich den  Inhalten zu, die alle nicht so gegessen werden wie sie verkauft werden. (siehe Real Life) Nach dem Motto Konrad Adenauers: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern.“
  • Komplette Nutzung der sozialen neuen Medien einschließlich Twitter. Während Hillary Superstars bemühte, wühlte Donald an der Mittelschicht. An der Basis. An den Wählern, die nicht wählen. Er brachte genau 1 Millionen mehr dazu, ihn zu wählen.

 

Was lernen wir daraus?

  • Kommt endlich an in Kommunikation 4.0. Nichts hat Bestand. Aktion und Reaktion fallen zusammen. Der blaue Planet ist ein globales Dörfchen. Alles ist offen, alles ist möglich bis zum Schluss. Wir leben in der nicht berechenbaren Klick-Gesellschaft.
  • Behauptungen, Mutmaßungen, emotionale Angriffe, Verleumdungen schlagen immer den fundierten Vortrag. Heute sind alle Internetnutzer Politiker, Meinungsmacher, Medienmacher, Akteure. Manager. Der Schwarmintelligenz des Netzes können wir nicht entrinnen. Macht das Beste daraus.
  • Die hoch dekorierten Politiker, die manifesten Jongleure mit der Sicherheit des Mainstreams, spielen sich mit den einschlägigen Medien die Bälle zu. Die „Alte Welt“ versteht sich halt. Man gibt nur ungern sein lieb gewonnenes Spielzeug aus der Hand. Die Verteidiger der so schönen Komfortlinie müssen endlich umdenken, sonst sind sie ganz schnell Geschichte.
  • Google/Facebook/Snapchat/Netflix/Amazon/…, sind die wahren Gewinner der Wahl. Sie sind Bundeskanzler, Außenminister, Wirtschaftsminister, Verteidigungsminister, Marketingchefs und „Prostituierte“ in einem. Wann wird das endlich verstanden?
  • Das „gemeine Volk“ hat die Nase natürlich voll im globalen Dorf, weil sie ALLES erleben & wissen (wollen) oder auch nicht. Jeder ist heute ja Meinungsmacher und Sender. Und hier gilt es endlich Format zu zeigen, was nicht kommt. Daher haben die Populisten  heute so eine große Chance, die es zu verhindern gilt, aber wie?
  • Kommunikation bedeutet erst einmal eins: verstehen-verstehen-verstehen des Anderen. Keiner hatte Donald Trump auf dem Programm, keiner hat sich vorbereitet: Die größte Niederlage seit Ronald Reagan und in Deutschland seit der Wende. Für die Meinungsmacher.
  • Apropos Vorbereitung: 50 % einer geglückten interaktiven und sinnstiftenden Kommunikation ist eine professionelle Vorbereitung. In Deutschland hatte man nicht  einmal die Telefonnummer von Donald Trump.
  • Ableitungen jedweder Art sind fehl am Platz: Nichts ist vergleichbar. Versteht doch einfach nur Kommunikation: versetzen in andere mit hoher Empathie, runter vom Ross der westeuropäischen Bestimmungs-Egomanien. Hin zum anderen. Hin zu anderen Kulturen. Hin zu anderen Verstehensebenen. Aber bitte nicht vorher durch die eigene Brille senden…
  • Seit der Wahl von Donald Trump ist alles anders, sagen die Politiker, die Medien und die üblichen Verdächtigen.

Nein, weit gefehlt: Es ist alles in seiner Widersprüchlichkeit, in seiner Kontrastierung, in seiner Komplementarität mehr als normal.  Das ist das Leben! Wir haben es bloß verlernt, diese Vielfalt zu verstehen, zu akzeptieren und danach zu handeln.

 

Freue mich auf Reaktionen unter cs@dr-schwab.de

 

Das letzte Wort:

Interview mit dem Trump-Biographen und Pulitzer-Preisträger David Cay Johnston, dessen Buch „Die Akte Trump“ seit Wochen in den USA ein Bestseller ist:

u.a.

Frage: „Aber bei seinem ersten Besuch im Weißen Haus wirkte er doch ganz zahm, oder?

Johnston: „Ja, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Er wirkte beinahe demütig, denn ihm ist klar geworden, dass er noch nie wirklich Verantwortung getragen hat. Er war selbst komplett überrascht, dass er gewonnen hat. Aber die Demut wird schnell verschwinden. Dann lautet die Frage: „Was wird er tun, wenn er das erste Mal kritisiert wird?“ Die Wahrheit ist, er ist  für diesen Job nicht ausgerüstet. Er lügt. Er weigert sich, die Realitäten zu akzeptieren. Er ist ein 70 Jahre alter Mann mit der Psyche eines 13jährigen. Doch als Präsident kann er all dies nicht tun.“

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  1. September 2016, Autor: Christoph Schwab

Lesen Sie Christoph Schwabs Gastbeitrag in der WiWo zur Einzigartigkeits-Darstellung von Wirtschaftsführern.
» Zum Beitrag

 

An welchen Kommunikationsfehlern Top-Manager-Karieren scheitern – Gastbeitrag von Christoph Schwab

„Kloster-Coach: 10 Business-Tipps aus der Abtei“

Hier ein kleiner Einblick:

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Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

http://www.unternehmer.de/management-people-skills/183572-kloster-coach-business-tipps

Wie wirklich ist die Wirklichkeit wirklich?

Die vierte Gewalt: Macht und Ohnmacht der Medien!

Was können wir jetzt wirklich tun?

Als junger Volontär war ich schon neugierig: Auf Menschen, auf Hintergründe, auf Geschichten.
Bei der „Neuen Presse“ (Hannover) hatte ich den einen Ausbildungsplatz bekommen von 3000 Bewerbungen: Halleluja.
Ich war ständig auf der Suche nach neuen Geschichten. Tauchte eines morgens beim „harten“ Kulturchef auf und erzählte ihm von einem Skandal in Wien mit dem Generalintendanten Jean-Claude Riber… Er fackelte nicht lange und sagte:
„Recherchieren Sie die Geschichte gut, wenn was dran ist, machen Sie einen Termin. Fliegen Sie gleich morgen früh hin!“
und vertiefte sich wieder in endlose Buch- und Zeitungsberge.
Und so geschah es.
Als der sowjetrussische Staatschef Andropow starb, kam der Chefreporter zu mir und sagte leise: „Christoph, ich muss heute Abend nach Moskau. Du musst einen wichtigen Termin für mich machen. Traust Du Dir das zu?“
„Na klar“ sagte ich und mein Herz klopfte.
„Aber denke immer an deine journalistische Sorgfaltspflicht. Du schreibst nur das, was Du wirklich siehst und hörst. Und immer den Gegencheck“ und schon war er weg.
Ich war total glücklich – meine Ausbildung zum Journalisten u.a. auf der Journalisten Schule Hamburg: Es war einfach grandios.
Die Begegnungen mit den „Großen der Zunft“ wie z.B. Hellmuth Karasek als Lehrer – unvergesslich.
Das war vor 30 Jahren.
Dann kam das Handy. 18 Jahre alt. Dann kam Google, gegründet am 1.12.1998. Das Radio brauchte 38 Jahre, das Fernsehen 13 Jahre, das Internet 4 Jahre, der IPOD 3 Jahre und Facebook 2 Jahre, um in die hintersten Kommunikationszimmer einzuziehen.
Millionen von Tweets jagen sich im globalen Dorf gegenseitig, in 34 Millionen Haushalten senden Kinder und Eltern rund um die Uhr. 1 Milliarde Mails werden sekündlich abgesetzt. Weltweit. Aktion und Reaktion fallen quasi ZU-SAMMEN.
In der „Tyrannei der Umstände“ ist das „zentrale Nervensystem zur zweiten Außenhaut“ geworden wie in den 80iger Jahren unser aller Kommunikationspapst Marshall McLuhan hochintelligent darstellte in seinem Buch:
„Die magischen Kanäle“- Understanding Media. Erschienen 1979!!!!!!!


Unvorstellbar wie jetzt 2016 seine Aussagen und Thesen aktueller sind denn je.
Lesen Sie einfach nur das Inhaltsverzeichnis. Ein kommunikativer Krimi verfasst vor 38 Jahren!

Die magischen Kanäle Inhalt2

Heute stehen in der FAZ an einem Tag mehr Informationen als ein Mensch im letzten Jahrhundert sein gesamtes Leben aufnehmen konnte.
In diesen komplexen Welten hat sich alles derart verändert, dass wir nicht mehr Schritt halten. Für die Medien bedeutet das ein Redaktionssterben wie noch nie. Die Verlagshäuser reduzieren sich selbst, kaufen alles zusammen, senden auf allen Medienkanälen.

Eherne Journalisten-Regeln kennt keiner mehr oder sie werden einfach nicht mehr angewendet:

1. Das was Du berichtest muss jederzeit beweisbar sein. Es muss wirklich (geschehen) sein.

2. Das was Du an Bildern, Analogien, Metaphern und Veranschaulichendem anwendest, sollte nachvollziehbar sein.

3. Mutmaßungen, Behauptungen, und Interpretationen gleich welcher Art gehören nicht in eine seriöse Berichterstattung, es sei denn, diese Art der Darstellung ist ausdrücklich als Kommentar, Zwischenruf oder Meinung des Verfassers kenntlich gemacht.

Nur noch wenige sind wirklich vor Ort, wenn etwas passiert und dann beginnt der Kreislauf, der durch „viele Hände, Ohren, Augen, Nasen und Sinne geht“.
Am Ende gefiltert, verwässert, verschwommen, geschönt, verdreht, vorgeführt, und einfach nur: subjektiv weitergegeben.
Sie kennen das, wenn sie Kinder haben. Stille Post. Erinnern sie sich noch?
Noch heute spielen wir das mit Managern in Trainings.
Starten mit dem Satz: „Der schwarze Pudel lebt“ und 5 Symbolen.
Am Ende nach zehn Stationen der Informationsweitergabe kam unlängst heraus: „Der weiße Pudel ist tot!“

Beispiel 1:
Als Silvester in einem Hotel in Dubai ein Feuer ausbrach überschlugen sich die Ereignisse.
Alle deutschen Online Medien sprangen auf einen Berichterstatter auf und konzentrierten aus gehörten Meinungen und einem Bild ihre eigenen Geschichten.
Der BILD Reporter berichtet live aus Dubai, obwohl er in Abu Dhabi war (100 KM entfernt).
Die Medien machten allesamt Panik wie die WELT, BILD, der SPIEGEL , STERN etc.
Die WELT erzählte ihren Lesern:
„einem Reporter der abwechselnd mal an einem Seil, verknoteten Bettlaken, Vorhängen, Fensterputzeranlage etc. angeblich am Gebäude hing. Aber er konnte während des Brandes Schritte der Feuerwehr im Zimmer hören und sich bemerkbar machen.“
Fakt ist, laut seinem eigenen Bericht, er stand auf dem Balkon und wurde von der Feuerwehr gerettet.
„Fast jede deutsche Zeitung erzählt sensationsgeladen, die Zivilverteidigung von Dubai wäre bei dem Brand eingesetzt gewesen. Ja wer denn sonst?“
Der Fotoreporter Paul Knete lebt nicht weit vom Brand entfernt und schrieb dies in seinem BLOG, der dann bei Handelsblatt online veröffentlicht wurde.
Und er schreibt weiter, „keine Zeitung, kein Sender hat sich in jener Nacht an uns Deutsche in Dubai gewandt, auch an unsere Kollegen nicht. Dafür wurden ehemalige Polizisten aus den USA oder Touristen im Desuit-Hotel („Ich kann nichts weiter sehen.“) aufgeboten. Was das deutsche (noch schlimmer das CNN-) Panik-Orchester hingegen nicht berichtete war, wie organisiert die Veranstaltung und die Evakuierung war und dass es keine Panik gab.“
„Noch nie habe ich simultan verfolgen können wie FALSCH über die REALITÄT berichtet wird“ schreibt ungläubig Paul Knete.

Beispiel 2:
Wenn Anchorman Claus Kleber beim „heute-journal“ zur großen Anmoderation seiner Berichte aus aller Welt ansetzt, hat dies nun gar nichts mit seriöser Berichterstattung zu tun. Da ist weder Sachlichkeit drin, noch substanzieller Informationswert, sondern ausschließlich klebersche selbstgefällige feuilletonistische Färbung.
Nicht mehr und nicht weniger. Das ist nicht weiter schlimm, hört sich gut an, ist aber journalistisch überzogen, unsauber und entspricht auch oft nicht den dann oft folgenden „flachen“ Berichten. Da gefällt man sich SEHR im Spiegel der Selbst-verliebten Worte.

Beispiel 3:
Der journalistische Feldzug gegen den Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff.
Ja, es hat Verfehlungen geben. Man spricht nicht dem Chefredakteur der BILD-Zeitung auf Band.
Ja, das tut man sicherlich nicht.
Was dann aber die gesamte deutsche Medienlandschaft quasi als „Schwarmangriff und in voller Verantwortung“ mit Christian Wulff gemacht, verursacht, zerstört und versucht hat, ist bespielhaft in der deutschen Nachkriegsgeschichte des Journalismus.
Das war eigentlich der Höhepunkt der kompletten „Verzerrung von Wahrnehmung“ wie Kommunikationspapst Paul Watzlawick formulierte. Bis hin zur Vernichtung von „Behaviour & Persönlichkeit“ eines Menschen.
Paul Watzlawick stellt in seinem Buch also folgerichtig die wirkliche Wirklichkeit als Täuschung, als Wahn und Miss-verstehen dar.
In diesem Dilemma befindet sich heute die schreibende, die reportierende, die sendende Zunft der Redaktions-Welten.
Jedes auch nur klitzekleine Geschriebene und Gesagte hat einen Informationsimpulsgeber.
Heute heißt die Lösung mehr denn je „Only bad news are good news“ und ein reißerisches dramatisches persönliches Wahrnehmungsformat kann nicht „übertrieben“ genug sein.
Bar jeder Recherche, jeder journalistischen Sorgfaltspflicht.
Bar jeder Vernunft.
Bar jedem persönlichen Schicksal, was dahinter steht.
Dabei stirbt der sauber recherchierte Journalismus, das was „wirklich wirklich ist“. In Deutschland stehen viele Journalisten beschäftigungs-LOS da. Viele bilden Ihre eigenen Foren und Plattformen.

Früher war der was, der die “besten Geschichten“ hatte.
Heute ist die „Inszenierung“, die Kosmetik der Sendung gefragt, „The Medium ist the Message“ wie McLuhan schrieb.
Heute konkurrieren „Mutmaßungen“ mit ästhetischen Formen eines Satzes. Oder einer einseitigen durchgefärbten Prägung.
Ganze Abteilungen werden aussortiert, gestrichen, weggegeben. Die Online Medien der großen Häuser konkurrieren um die besten Geschichten. Im Zeitalter der Gleichzeitigkeit sind diese Geschichten natürlich rar gesät.
Heute kämpfen die Verlagshäuser bei den vielen Zeitschriften und Magazinen (mit den Online Medien) um jeden Zentimeter Kunde. In der Tyrannei der Umstände erschlagen sich lieber drei Journalisten um eine „harte Geschichte“, als dass sie es zulassen, sich vertrauensvoll auszutauschen.
Medien haben nicht mehr kompetente Journalisten vor Ort, die eine Botschaft seriös vermitteln. Es ist einfach aus Kostengründen keiner da.
Heute gibt es Agenturen „Informationsagenten“, die den unterschiedlichsten Medien Informationen „zuspielen“.
Dazu kommen die Millionen Tweets und die sozialen Netzwerke, die munter mit den Meinungsmachern mitmischen.
Daraus entsteht ein „Informations-Wert“, der nichts mehr mit der abgebildeten Wirklichkeit zu tun hat, sondern maßgeblich Erlebnisse, Ereignisse, Prozesse des täglichen Lebens mehr und mehr emotionalisiert und subjektiv überzieht.

Zwei Beispiele:
Denken wir an den Absturz der Germanwings Maschine letztes Jahr über den Alpen.
Ein Beispiel geglückter Berichterstattung war der gesamte Interviewvorgang mit dem CEO von Lufthansa Carsten Spohr.
Er brachte es fertig zwischen den hochemotionalisierten Anfragen und Statements „kühlen Kopf“ zu bewahren und in einer Melange aus „Sachlichkeit und angebrachter Betroffenheit“ ein umfässliches Kommunikations- und Maßnahmen Paket darzustellen.
(Dazu muss man sagen, dass die Lufthansa Kommunikatoren jeden Tag Krisenkommunikations-Szenarien üben.)

Was die Berichterstattung zu den Kölner Verhältnissen in der Silvesternacht ausmacht ist hingegen mehr als dürftig.
Erst schreibt man fast nichts, dann legt man los, besonders die Springer Presse wieder weiter vorn mit einem Maßnahmen- Paket, das ausschließlich „Jetzt-Wirkungen“ angeht. Alle springen wieder auf den Zug auf, berichten vollmundig von:
„Bekämpfen von Maßnahmen also Wirkungen“.
Es ist nichts zu hören von seriösen geschichtlichen Einordnungen, von Offenlegung der Möglichkeiten des Rechtsstaates und deren wirklicher Umsetzung oder von ganzheitlich vorgeschlagenen kausal verständlicher Maßnahmen. Die ohnmächtigen Politiker konterkarieren sich selbst und werden begleitet von noch ohnmächtigeren schreibenden und sendenden Abbildern einer nicht wirklichen Wirklichkeit!
Wohltuend dazu ist die heutige „Morgen-Meinung“ vom 11.1.2016 Handelsblatt-Online Chefredakteur Garbor Steingart, der andere Meinungen sinnvoll zusammenfasst:

„„Das Land ist dabei, sich selbst fremd zu werden. „Die Freiheit in diesem Land ist keine Narrenfreiheit“, schreibt Heribert Prantl in der heutigen „Süddeutschen Zeitung“. Ross Douthat, der mit 36 Jahren jüngste regelmäßige Kolumnist der „New York Times“, urteilt in der Sonntagsausgabe: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass Deutschland sich von den Sünden der Vergangenheit durch einen unbekümmerten Humanitarismus in der Gegenwart freisprechen kann.“ Der Autor geht so weit, den Rücktritt der Kanzlerin zu fordern: „Merkel muss gehen, damit ihr Land und der Kontinent, den sie dominiert, nicht einen zu hohen Preis zahlen für diese gut gemeinte Narretei.““
Alice
Natürlich übertreibt der Autor. Merkel muss nicht gehen – aber sie muss sich bewegen. Ihre Flüchtlingspolitik wurde von der Realität dementiert. Ihre neuerlichen Aussagen vom „starken Staat“, der sich jetzt Geltung verschaffen müsse, wirken wie die Cover-Version eines Textes, den andere ihr vorgesprochen haben.
„Hannah Arendt schrieb in ihrem Essay „Wahrheit und Lüge in der Politik“ vom Prozess der „Entwirklichung“, dem bewussten Erzeugen einer „Alice-im-Wunderland-Atmosphäre.““
Genau das hat Merkel mit Gesten und Worten monatelang getan. Sie glaubte, über der Situation zu stehen, und stand in Wirklichkeit nur daneben.
Die deutsche Regierungschefin hat sich mit dem denkbar mächtigsten Gegner angelegt: der Wirklichkeit. Diesen Kampf kann sie nicht gewinnen. Und wenn doch, hätte Deutschland verloren“
Was sollten wir daraus unbedingt lernen, fragte mich ein junger intelligenter Mann, der in einem Flüchtlingsheim arbeitet. Am Wochenende am Rhein. Durch Zufall kennengelernt.

Der erste Vorschlag kam von ihm:
„Menschen sollten sich mehr mit sich selbst auseinandersetzen!“
Meine Antworten:
1. Ja, hinterfrage Dich, versuche Dich selbst zu verstehen, einzuordnen und Dich kennenzu-LERNEN. Was willst Du wirklich? Was willst Du verstehen? Was willst Du lernen?
Was ist eigentlich meine Meinung? Was ist Wirklichkeit und was ist Deutung?

2. Setze Dich gezielt mit Freunden und Bekannten auseinander. Tausche Dich seriös aus. Gehe verschiedenen Diskussionspunkten wirklich auf den Grund! Nutze dabei seriöse Informationsquellen und nicht die „Regenbogenpresse“ der Online-Medien.

3. Füttere die sozialen Netzwerke nur sparsam oder wie wir sagen „redundant“. Nutzte deine Zeit für Hintergrundwissen.
4. Erliege nicht der Selfie-Gesellschaft. Bilder sind Botschaften: Ja und schön. Aber ordne auch hier den Informationswert bei Facebook und Whats APP z.B. neu. Ist das wirklich wichtig, was ich da jetzt tue?

5. Wenn Du Leader, Manager und Führungskraft bist, setze dich mit deinen Mitarbeitern und Kollegen über die „neue gemachte Wirklichkeit“ auseinander. Was ist wirklich eine wichtige Botschaft? Wie gehe ich mit ihr um? Kann ich sie einfach so stehen lassen oder passt sie in mein seriöses Meinungsbild. Das kann in Kantinen, Reisen, bei Autofahrten sein oder in Workshops. Hier können wir wirklich etwas tun für die „Wirklichkeitshyänen“ in den Unternehmen und Medien!

6. Für Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und andere wichtige Dienstleistungsberufe gilt:
Sprechen Sie mit ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen intensiv über diese Themen und „nehmen sich Zeit“ dazwischen oder dahinter zu schauen. Sie haben eine Sorgfaltspflicht für junge Menschen in Ihrem Beruf.

7. Für Eltern: Setzen Sie sich unbedingt mit Ihren Kindern auseinander. Hören Sie zu, lassen Sie zu … erklären Sie und weisen auf andere Informationsquellen hin als die Sozialen Netzwerke. Setzen sich mit den Kindern und Jugendlichen mit der Geschichte auseinander? Warum haben wir so viele wichtige Strömungen und Prozesse nach dem 2. Weltkrieg nicht, gar nicht oder unzureichend aufgearbeitet? Welche humanitäre Kompensation haben wir wirklich zu leisten?
Geben Sie ihren Kindern in diesen komplexen Umwelten ein „kommunikatives Rüstzeug“ mit.

8. Für Lehrer: Ja, sie haben heute viel Verantwortung, sie haben eine große Bürde durch die Gesellschaft, die Politik der Eltern bekommen. Ja, das wissen wir. Und gerade deswegen müssen sich Lehrer weiterbilden in Gesamtprozessen, Abkehr von seriellem Wissen. Hin zu vernetztem Wissen, zu historischen, soziologischen psychologischen, wirtschaftlichen und kommunikativen Zusammenhängen. Der Lehrer der Zukunft hat nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn er in der Lage ist, das „Große Ganze“ darzustellen und in Prozessen und Disziplinen zu springen. Auch nur dann ist ein lebendiger spannender Unterricht möglich.

9. Der Definition von Begriffen wie Achtsamkeit, Bewusstheit, Respekt, Wettschätzung, Empathie,Kommunikation, Interaktion, Hintergrundwissen, interdisziplinärem Wissen, Umsetzung, Feedback unbedingt vor Diskussionen klären.
Und Informationen auf Ihren Wirklichkeitsgehalt prüfen bevor es losgeht.

10. Verschiedene Informationskanäle einfach mal auf Diät setzen oder nicht mehr verwenden.

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Als ich 2015 geschäftlich in der „Einzigartigkeitsentwicklung“ in einem islamischen Land war, chattete ich abends durch die Foren im Netz. Bei BILD.de – erschien nichts – doch ein wunderschönes großes Tulpenfeld!
Es war ein unvergleichliches Erlebnis!

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Wichtige Literaturempfehlungen:

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Die Macht der Disziplin von Roy Baumeister

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Der Verfasser:

Dr. Christoph Schwab hat eine journalistische Grundausbildung bei der „Neuen Presse“ in Hannover, war Moderator bei Radio Bremen, Nachrichtenredakteur beim TV (ua. Sat 1 und RTL), Chefredakteur bei Radio Westfalica und Nachrichtenredakteur, Studio-Moderator, Verantwortlich für die Live- Moderation der AÜs ( Außenübertragungen) und Kulturchef bei Radio FFN. Seit 25 Jahren arbeitet er erfolgreich in der
„Einzigartigsentwicklung von Persönlichkeiten“ europaweit.

Was ist das Wichtigste im Leben?

„Für mich ist das wichtigste sich Aufgaben zu stellen, Aufgaben zu begreifen und
danach zu streben die verstandenen Aufgaben bestmöglich zu erfüllen“
antwortet Helmut Schmidt in der ARD Dokumentation über sein Leben.
Nachdenklich -mit langen Pausen. Auf den Punkt.

Einen Tag nach seinem Tod am 11.11.2015 begann ich ein Führungstraining in Luxembourg
mit diesem Videoausschnitt von 12 Sekunden.
Er zieht sich seit Jahren durch meine „Anleitungen zur Einzigartigkeit“:
• Wie kann ich meinen Gegenüber wirklich verstehen?
• Wie verstehe ich die Strategie meines Unternehmens?
• Wie kann ich Wahrnehmungs-Kongruenz herstellen und dann:
Umsetzen-entscheiden-Handeln-TUN?

So legte & lebte der Staatsdiener Helmut Schmidt den kategorischen Imperativ von Kant aus:
„Handele so, daß die Maxime Deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung angewendet werden könnte“.

Immer unterlegt mit den verschiedensten kreativen Verstehens-Ansätzen beispielsweise der Musik.
Die Erklärung des großen Dirigenten David Barenboim – einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung über den Unterschied zwischen Hören und Zuhören – könnte direkt für Helmut Schmidt gesagt sein:
„Ja, zuhören ist hören in Verbindung mit Denken und Konzentration. Die meisten Menschen können das gar nicht mehr, sie machen keinen Unterschied zwischen hören und zuhören. In der Musik ist zuhören, sich vom ersten Klang an zu konzentrieren, sich mit vollkommener Hingabe an den Ton zu hängen und dann mit der Musik zu fliegen.“
Ob Hamburger Sturmflut, Mogadischu, Nato-Doppelbeschluss, RAF: Helmut Schmidt dachte immer im Großen, sezierte bis ins kleinste Detail, entschied und führte aus. Ohne sich selbst zu schonen. Im Entführungsfall Hans-Martin Schleyer entschied er gemeinsam mit Ehefrau Loki, dass sich beide im Entführungsfall nicht gegen andere Geiseln oder Geld austauschen lassen würden.
Als Zeitherausgeber, Buchautor, internationaler Speaker war es nicht anders:
Seine Lebens,- und Arbeitsweise war immer geprägt von Bodenständigkeit, Machbarkeit, Bewusstheit für den Umsetzungungsimpuls, Klarheit und Hingabe für die übergreifende Sache. Gespickt durch Überzeugungskraft. Oft eingerahmt durch Sarkasmus & Ironie. Mit messerscharfem Verstand.
Die Duelle mit Franz Josef Strauß vor Wahlen waren damals Straßenfeger und sind bis heute unerreicht in der „formalen und inhaltlichen“ Vielfältigkeit.
Im Mainstream der Verlautbarungspolitiker und „Persönlichkeiten ohne Eigenschaften“ vermisse ich schmerzlich dieses Sprech- und Sprach-Niveau.

Helmut Schmidt lebte den Wert MUT wie kein anderer: Er nutze dazu alle zur Verfügung stehen Möglichkeiten.

Lösungsorientiert-durchdacht-Mutig!
Dazu war er der Erfinder der langen und wichtigen (Kunst) Pause.
Was kann ich nicht alles in 5 Sekunden Pause aufnehmen, verarbeiten, aushalten, durchdenken, erfahren und damit den gegenüber zur schieren Verzweiflung bringen.
Zeitlebens war Helmut Schmidt dieser kommunikative Schachspieler mit Weit-Blick, obwohl er als „gemeiner“ Schachspieler immer behauptete, nicht über das kindliche Spiel-Verständnis hinausgekommen zu sein.
Man wusste nie genau auf welches Spielfeld er uns führte, man ahnte aber immer intuitiv, dass sein „motivationaler Fingerabdruck“ die richtige Entscheidung fällte und vor allem die richten Dinge tat.
Er lebte einen universellen Pragmatismus, den er pragmatisch, universell und ohne viel Federlesens Zeit seines Lebens ausführte:
Er gab den unterschiedlichsten Schichten der Deutschen immer das „Gefühl der Nähe und einer „Faszinierenden Unmittelbarkeit““. Eigentlich seine größte Fähigkeit. Sie alle aber auch wirklich alle anzusprechen und mitzunehmen.
Das wars.
Was seine Pflichterfüllung anging zitierte Helmut Schmidt gern ein Gedicht von Robert Frost:
„The woods are lovely, dark and deep,
But i have promises to keep,
And miles to go before i sleep
And miles to go before i sleep!“
Und in seinem intellektuellen Humor kramte er immer wieder Ringelnatz heraus
und verblüffte damit seine Gesprächspartner:
„Es waren einmal zwei Ameisen
Die wollten nach Australien reisen,
doch bei bei Altona auf der Chaussee,
da taten Ihnen die Beine weh,
und dann verzichten sie weise
auf den letzten Teil der Reise.“
Er stand auch dem Philosophen Popper und den römischen Stoikern allen voran Marc Aurel (121 bis 180) nahe und zitierte gerne aus dessen „Selbstbetrachtungen“.
Der Volksddichter Matthias Claudius war ihm wichtig und in einer seiner Todesanzeigen stand:
„Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, lieber Sohn sondern wir müssen uns nach ihr richten“

Helmut Schmidt wird mir immer in meinem Leben ein Vorbild bleiben in seinem Anspruch, die mir auferlegten Aufgaben zu verstehen und die verstandenen Aufgaben bestmöglich umzusetzen.

Gerade dieser Tage um die Ereignisse in Paris hätten wir seine Rat-SCHLÄGE bitter nötig.

Was können Top Manager vom Kloster-Leben lernen?

Stellen Sie sich vor, Sie werden im Kloster um 4:55 durch die schrille Glocke geweckt!
Stellen Sie sich vor, Sie tauchen ein in den Rhythmus aus Beten, musikalisch Mitschwingen & Schweigen!
In einer Melange aus Weihrauchduft, Kühle der Sakristei und Stille.

Was fällt Ihnen dazu ein?

Großartig…
Bringen Sie unbedingt Infomaterial mit…
Bitte sofort berichten nach Rückkehr…
Ja aber…
Ich weiß nicht…
Was passiert danach…?

NICHTS!

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem wichtigen Meeting und sprechen, reden und senden.
UnaufHÖRlich!

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem entscheidenden Gespräch mit Kunden oder Kollegen auf gleicher
Augen-HÖHE!
Und senden pausenlos! Setzen Ihre Meinung durch.
Sprechen ohne Unter-LASS!
Freuen Sich hinterher – Sie haben ja alles gesagt, was Sie sagen wollten.

Was passiert?

Sie gehen auseinander, alle fanden es produktiv und gut – man hört NICHTS mehr voneinander.

Nutzen Sie die Macht der Pause!

Nutzen Sie während des Gespräches und Sendens die Zeit der Stille!
Denken Sie nach.
Hören Sie jetzt die Schwingungen des ANDEREN…
10 Sekunden sind eine Ewigkeit.
Wir alle haben Angst vor der Stille.
Geben Sie es ruhig zu.
Eine Pause verwirrt und kommt kaum vor in der „Tyrannei der täglichen Zeit-Umstände“.
Hören Sie zu und machen Sie lange Pausen.
Auf einmal wissen Sie was der Andere wirklich will.
Schweigen Sie einfach mehr als Ihnen lieb ist!

Jetzt gewinnen Sie mehr Aufmerksamkeit durch Pausen:

Das bedeutet mehr Achtsamkeit.
Mehr Bewusstheit für den Anderen.
So entsteht mehr Wertschätzung und Vertrauen.

Schweigen Sie mehr!

Der Rhythmus der Mönche bringt uns alle diese wertvollen Erkenntnisse:
Die jeder kennt aber nicht umsetzt.

SCHWEIGEN
Hören
Denken
Zuhören
Mehr-Hören
Mit-Hören
Verstehen
Lösen.
Umsetzen.
Committment!
Verlässlich!
Auf einmal leichter.
Wenden Sie es an – und gewinnen!
Nicht nur den Anderen.

Kloster Ettal, Frühjahr 2015